1. Regionale Wirtschaftsentwicklung im Landkreis Kronach

Für die regionale Entwicklung werden heute überwiegend endogene, d.h. eigenständige, Strategien vorgeschlagen, bei denen die Anstöße aus der Region selbst kommen. Allerdings müssen auch die Rahmenbedingungen passen, welche außerhalb der Region festgelegt werden. Vor allem gilt dies für die Finanzierung einer eigenständigen Entwicklungsstrategie: Diese kann eine strukturschwache Region in der Regel nicht alleine schultern. Daher fordert die SPD eine wirksame Unterstützung der strukturschwachen Regionen

Folglich sind im politischen Prozess stets zwei Dimensionen zu beachten:

  • Was kann in der Region selbst geleistet werden?
  • Welche Unterstützung bzw. welche Rahmenbedingungen müssen von außen eingefordert werden, um den Entwicklungsprozessen eine Chance zu geben?

Auf die zweite Dimension zu verzichten hieße, von vornherein die sehr engen Grenzen kommunaler Wirtschaftspolitik zu akzeptieren. Diese Grenzen gilt es aber durch politische Einflussnahme zu erweitern.

Das Hauptproblem unseres Landkreises in den nächsten Jahren wird die demographische Entwicklung, genauer der unvermeidbar erscheinende Bevölkerungsrückgang, verbunden mit einem steigenden Anteil älterer Menschen, sein. Eine wesentliche Komponente dieser Entwicklung ist der Fortzug jüngerer, qualifizierter Menschen, vor allem in die Ballungsgebiete.

Die Folgen sind heute noch nicht völlig absehbar, aber Nachfragerückgang, Verfall der Immobilienpreise, Wohnungsleerstand und Abbau öffentlicher Infrastruktur (Schulen, Kindergärten, Nahverkehr etc.) mangels Auslastung bzw. mangels Finanzierbarkeit zeichnen sich ab.

Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist zweifellos der Mangel an qualifizierten Jobs im Landkreis Kronach.

Folglich muss die Priorität regionaler Wirtschaftspolitik sein, Arbeitsplätze vor Ort zu sichern bzw. neue zu gewinnen. Die Politik kann dabei nur Anreize geben und unterstützen, sie kann letztlich die betriebswirtschaftlichen Entscheidungen aber nicht bestimmen.

a) Datennetze

Der Landkreis braucht den Anschluss an die nationalen und internationalen Datennetze auf dem aktuellen technischen Niveau. Der Freistaat Bayern ist dabei gefordert, für die nötige finanzielle Unterstützung der Kommunen zu sorgen. Im Rahmen des Internets ist unser Hauptziel, gleichwertige Wettbewerbschancen herbeizuführen. Moderne Kommunikationswege – wie z.B. DSL – gehören zur Daseinsvorsorge und müssen daher überall verfügbar sein. Dies ist im Landkreis nicht flächendeckend der Fall. Wir fordern daher ein von der Staatsregierung finanziertes Programm, das von der EU unterstützt wird, um diesen Wettbewerbsnachteil auszugleichen. Nur dann kann die moderne Kommunikationstechnologie ein Vorteil für den ländlichen Raum sein. Die jetzt vorhergesehenen 10 Mio Euro für den Ausbau von DSL sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

b) Wirtschaftsförderung

Die Wirtschafts- und Strukturentwicklungsgesellschaft im Landkreis Kronach (WSE) und das Regionalmanagement im Landkreis sollen zu zentralen Instrumenten zur Umsetzung einer regionalen Entwicklungsstrategie weiterentwickelt werden.

Folgende Aufgaben sind weiterhin bzw. zusätzlich zu erfüllen:

  • Erstellung eines ganzheitlichen Entwicklungskonzepts für den Landkreis

  • Standortmarketing als Darstellung des Landkreises und seiner Vorzüge nach außen.

  • Existenzgründerberatung

  • Betriebswirtschaftliche Beratung für junge Unternehmen (Organisation, Coaching)

  • Information und Hilfe zur Erschließung von Fördergeldern

  • Komplette Abwicklung aller Formalitäten für ansiedlungs- bzw. investitionswillige Unternehmen

  • Vermittlung von Risikokapital

Folgende Rahmenbedingungen sind zu verbessern:

  • Gleichstellung in den Förderkonditionen mit Hochfranken

  • Weiterer Abbau des Fördergefälles zu Thüringen

  • Ein derzeit diskutiertes Programm gegen die Abwanderung in Ostdeutsch-land sollte auch für westdeutsche Regionen mit gleich gelagerten Problemen gelten.

c) Kooperation mit den oberfränkischen Universitäten und Hochschulen

Diese Kooperation soll dazu dienen, ein Netzwerk aus universitärer Forschung und betriebswirtschaftlicher Verwertung in den Unternehmen herzustellen. Sie soll auch dazu beitragen, den Landkreis für potentielle Gründer aus dem universitären Bereich interessant zu machen. Ideal wäre ferner die Einrichtung von Außenstellen zu Forschungszwecken im Landkreis. Die Zusammenarbeit mit der Hochschule Coburg (z.B. im Bereich der Automobilzulieferindustrie) soll weitergeführt und ausgebaut werden.

d) Einsatz für den Erhalt von Schlüsselbetrieben im Eigentum örtlicher Unternehmer

Die Erfahrung zeigt, dass der Verkauf von Unternehmen an überörtliche Wettbewerber meist mit dem Verlust qualifizierter Jobs verbunden ist (Entwicklung, Marketing, Verwaltung), oft ist mittelfristig sogar der Standort insgesamt bedroht. Der Landkreis kann hier aber lediglich beratend tätig werden bzw. im Rahmen der Wirtschaftsförderung Maßnahmen unterstützen.

e) Mehr Investitionen

Die Investitionen der Gebietskörperschaften fördern und stabilisieren das örtliche Handwerk und die Bauwirtschaft und sichern und schaffen Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Mehr Investitionen setzen aber eine bessere Finanzausstattung des Kreises und seiner Gemeinden voraus:

Die Interessen der ländlichen und strukturschwachen Landkreise müssen bei der Neuordnung des bayerischen Finanzausgleichs berücksichtigt werden. Für Kreise und Gemeinden mit schrumpfender Bevölkerung ist ein verbesserter Ausgleich vorzusehen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur. Der mit unserem Landrat eingeschlagene Weg nach dem Motto „Konsolidieren und Investieren“ muss fortgesetzt werden.

f) Traditionelle Stärken bewahren

Der Landkreis hat einen im Vergleich hohen Anteil an Beschäftigung im industriellen Bereich. Dabei handelt es sich vielfach um leistungsstarke Unter-nehmen, die fest auf den Weltmärkten verankert sind. Die Weiterentwicklung aller Unternehmen soll vom Landkreis im Rahmen seiner Möglichkeiten unter-stützt werden. Mittel dazu sind eine unternehmensfreundliche Verwaltung und ggf. der Einsatz des Instrumentariums der Wirtschaftsförderung. Gute Perspektiven bestehen auch für die Forstwirtschaft und die Holzverarbeitung. Die Verteuerung fossiler Energien und ökologische Trends fördern einen Ausbau und bieten dem Landkreis Chancen. Dabei sollte aber die mittelständische Struktur gewahrt bleiben. Sie gewährleistet regionale Wertschöpfung.

g) Tourismus: Den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen

Im Frankenwald – Tourismus ist eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Durch den Trend zu mehr Urlaub in Deutschland ergibt sich hier ein zusätzliches Potential.

Der Frankenwald bietet hierfür gute Voraussetzungen durch

  • Das mittelalterliche Stadtbild von Kronach und seine tausendjährige Festung

  • Seine zahlreichen Burgen und Schlösser (z.B. Lauenstein und Mitwitz)

  • Eine herrliche Landschaft

  • Ein gut ausgebautes Wander- und Radwegenetz

  • Ein breites Freizeitangebot (z.B. Rodachtalbahn, Mountainbike-Stationen)

Dazu muss die Attraktivität der Region weiter erhöht werden: Weitere Fahrradwege, zertifizierte Wanderwege, Aktivurlaubsangebote, Kulturangebote, Freizeitangebote, Werbemaßnahmen, weitere regionaltypische Angebote in der Gastronomie, Verankerung in den Prospekten der großen Reiseanbieter („Naturpark Frankenwald“) etc. Besonders zu erwähnen ist das „Grüne Band“ von Mitwitz über Ludwigsstadt bis Mödlareuth. Hiermit besitzen wir ein Alleinstellungsmerkmal. Wir müssen das „Grüne Band“ besser vermarkten. Einrichtungen in Mitwitz, Stockheim (Bergwerk) und Ludwigsstadt (Schiefer) werden von uns unterstützt. Zudem begrüßen wir die Bestrebungen zur Schaffung eines grenzüberschreitenden Geoparks aufgrund der interessanten geologischen Situation im Frankenwald.

Im einzelnen fordern wir:

  1. Qualitätsoffensive

-Klassifizierung und zielgruppenspezifische Qualifizierung von Hotellerie und Gastronomie intensivieren.

  • Zertifizierung der Touristinformationen verstärken.

-Verstärkte Förderung auch von bedarfsgerechten Neubauten und Neuansiedlungen, nicht nur von Ausbau und Renovierung bestehender Anlagen.

  1. Information und Buchung
  • Stärkerer Fokus auf Internet

  • Online-Buchbarkeit forcieren

  • Information vor Ort verbessern (Tourismus-Informationszentren statt gemeindlicher Touristinformationen im Rathaus, die am Wochenende geschlossen haben)

  1. Entwicklung des ländlichen Raumes
  • Freizeitgebundenen ÖPNV ausweiten (landkreisübergreifend sowie v.a. Anbindung des ländlichen Raumes an die Ballungszentren wie die Metropolregion Nürnberg)

  • Touristische Infrastruktur im ländlichen Raum (Wander- und Radwege) stärker fördern

  • Großschutzgebiete (z.B. Naturparke) im Bestand und in der Entwicklung stärken, dann stärker bewerben und finanziell fördern.

  1. Touristische Strukturen
  • Bessere Abstimmung zwischen Landesmarketing, Regionen, Gebieten, Gemeinden und bessere Aufgabenaufteilung

  • Straffung der touristischen Strukturen, Schaffung größerer Vermarktungseinheiten

h) Erhalt qualifizierter öffentlicher Dienstleistungen

Der Erhalt qualifizierter öffentlicher Dienstleistungen besitzt oberste Priorität. Bei der möglichen Abgabe von Tätigkeiten an den privaten Sektor darf nicht nur die Wirkung auf die öffentlichen Finanzen ein Thema sein, sondern auch die Gesamtwirkung in der Region z.B. in Bezug auf den Verlust qualifizierter Jobs vor Ort. Ferner ergeben sich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch eine Privatisierung häufig Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen.

Wir fordern:

Der Verlust von Arbeitsplätzen bei Landesbehörden (Straßenbauamt, Zoll) ist zu stoppen.

Öffentliche Aufträge sind – soweit möglich- regional zu vergeben. Wir wenden uns gegen jegliche Privatisierung von Wasser und Abwasser. Das sind elementare Aufgaben der Daseinsvorsorge, die in kommunaler Hand bleiben müssen. Wir fordern eine Wasserschule für Oberfranken mit dem Sitz im Land-kreis Kronach. (Ein ähnliches Projekt gibt es bisher nur in Unterfranken als Pilotprojekt. Die Wasserschule besteht im Verbund mit einem Schullandheim und führt Kinder an den Themenkomplex „Wasser“ heran) Der Landkreis Kronach ist besonders prädestiniert für eine solche Einrichtung, da in ihm die Trinkwassertalsperre Mauthaus liegt und Kronach Sitz der Fernwasserversorgung Oberfranken ist.

Wir fordern eine Nebenstelle der KFZ - Zulassungsstelle für den nördlichen Landkreis in Ludwigsstadt und den Erhalt und Ausbau des Kreisbauhofes Nord in Ludwigsstadt.

i) Landwirtschaft

Lebensmittelskandale in der Vergangenheit verdeutlichen, dass eine höhere Gewichtung der ökologischen Komponente in der Landwirtschaft und damit eine stärkere Ausrichtung auf die bäuerliche Landwirtschaft unverzichtbar ist. Die Direktvermarktung bietet den Betrieben die Chance, Qualitätsprodukte bzw. Ökoprodukte zu einem angemessenen Preis zu verkaufen. Die vorhandenen Ansätze sind weiter zu fördern.

Direktvermarkter sind ein Garant für regionale Wirtschaftskreisläufe. Der Tourismus bietet eine zusätzliche Chance für die Landwirtschaft und trägt zur Bewältigung des Strukturwandels im Landkreis Kronach bei.

j) Pflege und Erhalt der „Weichen“ Standortfaktoren

Diese Faktoren sind von erheblicher Bedeutung:

  • für die Lebensqualität im Landkreis
  • für die Identifikation der Bürger mit ihrer Heimat
  • für die Einschätzung des Landkreises durch potentielle Zuwanderer

Zentrale Ansatzpunkte sind:

  • Möglichst wohnortnahes Angebot an Schulen, Kindergärten, Krippen.

  • Reichhaltiges Angebot im Bereich der Erwachsenenbildung (vor allem durch die Volkshochschule)

  • Erhalt des breiten Angebotes im kulturellen- sowie im Freizeitbereich

  • Wohnortnahes Angebot von Senioren- und Pflegeheimen sowie von Einrichtungen für betreutes Wohnen

  • Sicherstellung einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung

  • Gewährleistung eines dichten Netzes im ÖPNV. Wir mahnen eine stärkere staatliche Forderung an.

  • Übernahme einer Vorreiterrolle in der ökologischen Umgestaltung von Leben und Arbeiten

  • Erhalt des Discobusses und von FrankenwaldMobil (Radlbus)