Schildbürgerstreich am Bahnhof

18. November 2014

Von Barrierefreiheit ist bei den Gleisen in Kronach keine Spur. SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert machte sich am Montag ein Bild von der Lage. Ergab den Genossen vor Ort einige Tipps.

Der Nürnberger Bundestagsabgeordnete Martin Burkert, SPD, ist gestern Abend zu Gast bei der Kronacher SPD gewesen. Als Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie Vorsitzender der bayerischen Landesgruppe machte er sich ein Bild von der Verkehrssituation in Zeyern sowie vom Kronacher Bahnhof. Im Anschluss wurden im Kronacher SPD- Kreisbüro aktuelle verkehrspolitische Themen diskutiert. Bundesweit stünden derzeit rund 1500 Verkehrsprojekte an, 600 davon seien Ortsumgehungen, informierte Martin Burkert. „Instandhaltung geht aber immer vor Ausbau und Neubau“, machte er deutlich. Daher sei fraglich, ob die Ortsumgehung von Zeyern, für die inzwischen Baurecht besteht (die NP berichtete) vom Bund finanziert werden kann. Sollte es im Jahr 2015 nicht gelingen, den Bau zu starten, spitze sich die Lage weiter zu:„2016 haben wir dann eine neue Welt. 80 Prozent der Gelder werden dann nach Bundesplanung verteilt, ohne Rücksicht auf die Länder.“ Dann müssten sich alle Projekte,die noch nicht anfinanziert sind - das heißt, bei denen noch kein Spatenstich erfolgt ist – einer erneuten Kosten-Nutzen-Analyseunterziehen. „Auf bundespolitischer Ebene werdet ihr dann hinten runter- fallen“, prophezeihte Burkert. Er wisse jedoch um die Wichtigkeit der Umgehung für den Landkreis Kronach und versprach, sich im Bundestag dafür einzusetzen. Ein weiteres Thema am Montagabend war die mangelnde Barrierefreiheit am Kronacher Bahnhof. „Man kann momentan barrierefrei Fahrkarten kaufen, aber nicht Zugfahren“, brachte SPD-Kreisvorsitzender Ralf Pohl die derzeitige Situation auf den Punkt. Denn es gibt zwar eine Rampe bis zum Ticketautomaten, die Gleise sind jedoch nur übereine Treppe zu erreichen. „Das sind ja Schildbürger- ähnliche Zustände“, kommentierte Martin Burkert das kopfschüttelnd. Zwar sei ein behindertengerechter Ausbau des Bahnhofs vonseiten des Freistaats Bayern bis 2018 nicht vorgesehen, es gebe jedoch auch Sonderprogramme vom Bund, die für Kronach womöglich greifen könnten. „Dazu braucht es ein Aufkommen von 1000 Fahrgästen täglich“, informierte er. Deshalb riet er,nachzuprüfen, wann die letzte Zählung stattgefunden hat. Gegebenenfalls müsse man eine neue durchführen lassen. „Mit den ganzen Schülern könnten wir 1000 schaffen“, meinte Landrat Oswald Marr und kündigte an, alles in die Wege zu leiten. Im Anschluss wurde über die ICE- Neubaustrecke zwischen München und Berlin diskutiert, die im September 2017 in Betrieb genommen werden soll. „Lichtenfels und Saalfeld fallen dann als ICE-Halt weg. Als nächste Möglichkeiten haben wir dann im Süden Bamberg und im Norden Leipzig“, sagte Ralf Pohl. Er machte deutlich, dass man Kronach unbedingt besser anbinden müsse – „mit etwas schnellerem,als dem normalen Nahverkehr.“ Martin Burkert informierte, dass man im Bundestag bereits über eine schnelle Verbindung im Stundentakt nach Bamberg nachdenke. Auch über einen Interregio-Halt könne man eventuell reden. „In Lichtenfels, Kronach, Saalfeld und Jena müsste dann Halt sein. Das wäre wichtig für die ganze Region“, betonte Ralf Pohl. Bei allen Planungen müsse man außerdem auch den nördlichen Landkreis berücksichtigen–für dessen Einwohner sei es „Quatsch“,erst nach Bamberg zu fahren, wenn sie mit dem ICE weiter in Richtung Norden wollen. „Da sind sicher noch Diskussionen nötig“, sagte Burkert. Zum Abschluss berichtete der Abgeordnete, dass in Sachen Lärmschutz an Bahnstrecken derzeit einiges getan werde. „Alle Güterwagen müssen bis 2020 dahingehend um- gerüstet werden“, sagte er. Maßnahmen dafür würden stark bezuschusst. Zudem müsse sich nun auch die Schiene an die normalen Lärmschutz-Vorgaben von 49 Dezibel in der Nacht und 55 Dezibel am Tag halten. „Vorher durfte die Bahn noch fünf Dezibel drauf rechnen“, erklärte er. Außerdem gebe es ein ganz neues Mittel,dass das laute Quietschender Gleisbremsen verhindern könne.

Text und Bild: Julia Knauer, Neue Presse, 18.11.2014

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