SPD beschäftigt sich mit Notarztversorgung im Landkreis

26. März 2017

Tettau (vz) . Die Notarztversorgung im Landkreis Kronach ist gefährdet und es sind zusätzliche Anstrengungen notwendig, sie die nächsten Jahre sicherzustellen. Das zeigte sich bei einem Fachgespräch von SPD-Kreistagsfraktion und SPD-Kreisvorstand Kronach in der Gaststätte Possecker in Tettau. Um Informationen aus erster Hand zu bekommen, hatte man die beiden Notärzte Dr. Ines Pechtold und Dr. Michael Müller sowie Benjamin Baier von der Rettungsleitstelle Coburg eingeladen. "Die ärztliche Versorgung ist für die Lebensqualität im Landkreis von entscheidender Bedeutung", unterstrich Fraktionsvorsitzender Richard Rauh zu Beginn der Veranstaltung. Deshalb habe man sich in der vergangenen Woche bereits mit dem Geschäftsführer der Frankenwaldklinik getroffen, um zum Beispiel Verbesserungen bei der Notaufnahme zu besprechen.

Zuständig für die Notarztversorgung sei die Kassenärztliche Vereinigung, erläuterte Ines Pechtold. Diese greife auf die niedergelassenen Ärzte zurück. Da diese aber ab einem Alter von 62 Jahren keinen Notarztdienst mehr leisten müssten und einige Stellen nicht besetzt seien, werde es zunehmend schwieriger, genügend Ärzte zu finden, um eine lückenlose Versorgung sicherzustellen. Der Landkreis besitze vier Notarztstandorte: Kronach, Steinbach a.W., Pressig und Steinwiesen. In Steinbach verrichteten die beiden anwesenden Ärzte gemeinsam den Notarztdienst, in Steinwiesen sei noch ein Notarzt tätig und Kronach werde zu rund 50% von der Frankenwaldklinik versorgt. "Nördlich von Pressig gibt es immer weniger Ärzte, die Bereitschafts- und Notdienst leisten", stellte der Bürgermeister von Ludwigsstadt, Timo Ehrhardt, fest. Pressig werde deshalb über die Kassenärztliche Vereinigung von externen Notärzten aus anderen Landkreisen versorgt, berichteten Ines Pechtold und Michael Müller, ebenso die anderen Standorten, wenn kein ansässiger Arzt zur Verfügung stehe. Gerade jetzt seien nur zwei Standorte besetzt: Steinbach und Steinwiesen, so dass die Ärzte von dort in anderen Bereichen mit aushelfen müssten. Selbst in der Kreisstadt würden immer häufiger Dienste ausfallen. Aufgrund hoher Ausfälle befürchteten sie, dass der Notarztstandort Pressig gänzlich wegfallen könnte. Es zeige sich somit immer mehr, dass es in Zukunft immer schwerer werde, eine lückenlose Versorgung sicherzustellen . In diesem Fall müsse die Frankenwaldklinik einspringen, was jedoch nicht immer möglich sei, weil die Klinik ihre Ärzte vor Ort benötige. In diesem Fall gebe es echte Engpässe und Lücken bei der Notarztversorgung im Landkreis. Ines Pechtold plädierte deshalb dafür, den Notarztdienst attraktiver zu machen, auch durch eine bessere finanziell Honorierung. Derzeit würden 20 Euro pro Bereitschaftsstunde sowie 56 Euro pro Notarzteinsatz gezahlt. Das sei weniger, als man heute für viele andere Fachkräfte zahle. Dem stehe die hohe persönliche Belastung der Ärzte durch den häufigen Einsatz in der Nacht oder am Wochenende entgegen, verdeutlichte Michael Müller. Ein großes Problem sei auch, dass die Ärzte tagsüber bei einem Einsatz ihre Praxis verlassen müssten, worunter ihre eigene Praxis, mit der sie ihr Geld verdienten, leide. Termine mit Patienten müssten dann verschoben werden, was nicht immer auf Gegenliebe stoße und finanzielle Einbußen bedeute. Neben dem Notarzt- gebe es auch den Bereitschaftsdienst außerhalb der Öffnungszeiten der Arztpraxen. Nicht immer sei es für die Patienten einfach, den eigenen Zustand einzuschätzen und sich für den richtigen Dienst zu entscheiden, berichtete Benjamin Baier aus seiner Erfahrung. Hierfür sah Ines Pechtold Vorteile durch die geplante Einrichtung einer zentralen Bereitschaftspraxis an der Frankenwaldklinik. Dann habe man eine klare Anlaufstelle für die Patienten im Landkreis und die Klinik stehe für schwere Fälle direkt nebenan zur Verfügung. Dies werde wahrscheinlich insgesamt dazu führen, dass die Ärzte weniger Hausbesuche machen müssten. Außerdem würde hierdurch die Notaufnahme der Klinik entlastet. Deshalb erhoben die Anwesenden die Forderung, die Ärzte sollten für diesen Bereitschaftsdienst keine Miete an die Klinik zahlen müssen, um dies zu honorieren. Die Patienten aus dem nördlichen oder östlichen Landkreis müssten dann aber immer in die Kreisstadt fahren, darauf wiesen Gabriele Schülein und Dietmar Schmidt hin. "Was tun, wenn die Anzahl der Notärzte weiter sinkt und die Lücken in der Versorgung zunehmen?". Diese Frage wurde lebhaft am Ende des Treffens diskutiert. Dr. Heinz Köhler regte an, die Verantwortlichkeit für den Notarztdienst zu klären, wenn Kassenärztliche Vereinigung und Klinik diesen mit den vorhandenen Ärzten nicht mehr gewährleisten könnten. Heidi Hansen und Timo Ehrhardt regten an, der Landkreis müsse die Kassenärztliche Vereinigung deutlich zur Einhaltung ihres Versorgungsauftrages auffordern. Benjamin Baier verwies auf die Möglichkeit, durch den Landkreis eigene Notärzte anzustellen, um die Versorgung zu gewährleisten. Aktuell würden aber auch die Rettungssanitäter aufgewertet, so dass zu erwarten sei, dass diese in Zukunft Einsätze immer mehr auch alleine durchführten. "Die Ballungszentren haben dieses Problem nicht, da es dort ausreichend Ärzte gibt", ergänzte Richard Rauh. Ziel müsse es deshalb sein, die Ärzteversorgung sowie den Notdienst in den ländlichen Bereichen gezielt zu unterstützen, damit hier die Versorgung gewährleistet werde, forderte SPD-Kreisvorsitzender Dr. Ralf Pohl.

Teilen