Die Kreistagsfraktion der Kronacher SPD informierte sich aus erster Hand und per Videokonferenz über den Fortschritt der Studiengänge auf dem Lucas-Cranach-Campus (LCC). Dazu hatte sie zwei Professoren der Hochschulen Coburg und Hof zugeschaltet, die von ihren Planungen, Erfahrungen und ersten Ergebnissen berichteten. Stefan Gast (Coburg) und Gerald Schmola (Hof), standen anschließend Rede und Antwort.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Diese Erkenntnis traf Hermann Hesse und in absehbarer Zeit soll genau das geschehen. Kronach geht mit dem Lucas-Cranach-Campus (LCC) einer neuen Zukunft entgegen und es wird sich zeigen, ob der Zauber hält, was er verspricht. Studenten sollen die Stadt bevölkern und frischen Wind in die ländliche Region bringen. Um Anreize zu schaffen, haben sich die Verantwortlichen für die Studiengänge zahlreiche Neuerungen einfallen lassen. Was, das erzählten die beiden Professoren, die zumindest in Teilbereichen ebenfalls Neuland betreten.
Den Anfang übernahm Stefan Gast, der an der Hochschule Coburg Automobiltechnik unterrichtet und seit drei Jahren Dekan ist. Gast klickte sich durch einen Power-Point-Vortrag und schon nach kurzer Zeit wirbelten Begriffe wie „KI für autonomes Fahren“, „Vehicle2X-Technologien“, „Automotive Virtual Testing“ oder „User Experience Design für autonomes Fahren“ durch den virtuellen Raum. Das nämlich sind die vier Technologiefelder für neue Professuren am Campus. Zusammengefasst bedeutet das alles ungefähr so viel wie künstliche Intelligenz, neue Technologien, virtuelle Tests im Automobilbereich und benutzerfreundliches Design, basierend auf Erfahrungswerten. Doch vorher blickte Gast erst einmal zurück, nämlich ins Jahr 2018, als die Idee eines Studiengangs für autonomes Fahren zum ersten Mal aufgekommen sei. „Und jetzt fangen wir gefühlt morgen an.“ Ein „Master of Engineering,“ der die Ausbildung der Studenten am Ende krönen soll, sei auf einen Vollzeitstudiengang ausgelegt. Drei Semester lang sollten im besten Fall 45 Studierende den Campus bevölkern. „Start des Sommersemesters ist der 15. März 2021.“ Gasts Blick in die nahe Zukunft richtete sich aber nicht nur auf den Studiengang selbst, sondern vor allem auch auf den Mehrwert für Kronach: „Es wird auf jeden Fall eine günstige Standortentwicklung geben, die Gastronomie profitiert, der Ort wird belebt.“ Und der Professor wirkt zwar noch etwas verhalten, als er über die Anmeldungen zum entsprechenden Studiengang spricht, aber der Stolz in seiner Stimme ist unüberhörbar: „Sie übertreffen schon jetzt unsere Erwartungen. Mit einem solchen Erfolg hätten wir nicht gerechnet.“ An konkreten Zahlen wollte er es zwar noch nicht festmachen, aber klar war, dass er diesbezüglich sehr optimistisch in die Zukunft blickt.
Im Mittelpunkt stand natürlich auch das Lehr- und Lernkonzept, dass in manchen Bereichen altbekannte Grenzen überschreiten soll. „Projektzentriertes Arbeiten“ nenne es sich, meinte er und verwies auf „modernes Arbeiten auf Augenöhe, Wissen on Demand“ und auf einen „nicht austauschbaren Studiengang“. Gast: „Wir arbeiten nicht einfach einen Stundenplan ab.“ Um aus der Win-Win-Situation eine Win-Win-Win-Situation zu machen, bezog er neben den Professoren und den Studenten auch die ortsansässigen Unternehmen wie Valeo mit ein. Den Brückenschlag auch zu anderen Unternehmen bewerkstellige gerade das IZK (Innovationszentrum Kronach), mit dem man in einem sehr guten Austausch sei.
Im Laufe des Vortrags nutzte Gast mehrmals das Wort „makerspace“ und bezeichnete damit eine Kreativwerkstatt, an der sich sowohl Maschinen, als auch Menschen befänden. „Das wird ein Ort, an dem gebastelt und geschraubt werden kann, der vor allem auch der Allgemeinheit zur Verfügung stehen soll.“ Entstehen werde dieser Zukunftsort im ehemaligen Carl-Link-Gebäude. Genau hier sollen nämlich auch Workshops stattfinden oder 3-D-Druck-Seminare. Insgesamt, so meinte er am Ende, „sollen Lernumgebungen entstehen für eine Hochtechnologieforschung in einer Stadt der kurzen Wege, in der man direkt vom Bett in den Hörsaal gelangt.“
Gerald Schmola, Professor an der Hochschule in Hof übernahm im Anschluss das Zepter und er sprach über ein ganz anderes Studienthema, nämlich über „innovative Gesundheitsversorgung“ und damit um einen weiteren Studiengang, der am Campus in Kronach aufgebaut werden soll. Räumlich werde sich hier Vieles in der Kühnlenzpassage, die er als „Perle“ bezeichnete, abspielen und die dafür notwendige die Personal- und Sachausstattung habe man zugesagt bekommen. „Allerdings hat München noch nicht alle Stellen final genehmigt,“ schränkte Schmola ein. Vielleicht auch deshalb müsse man zumindest am Anfang etwas improvisieren. Im Fokus dieses Studienganges stehe die Laborarbeit, wie er mehrmals betonte, doch zuallererst beschäftige man sich noch mit der Studentenaquise, die er als die größte Herausforderung bezeichnete. Die Studiengänge müsse man mit der Hochschule Coburg abstimmen, um keine Überschneidung und damit„Kannibalisierung“ zu bekommen, wie er sich ausdrückte. „Wir lösen das Thema im Dialog.“
Wie die Arbeit der Studenten in Kronach voraussichtlich aussehen wird, beschrieb er so: „Wir arbeiten mit Fall- und Planbeispielen, machen Laborarbeit und vermitteln praktisches Know-How. Und es ist durchaus vorstellbar, dass sich aus diesem Studiengang auch andere Berufsfelder entwickeln.
Schwärmende Worte fand er für den Campus, der irgendwann einmal aussehen soll, „wie aus einer Hand bespielt, auch wenn es mehrere Akteure gibt.“ Zur Unterstützung dieses Studiengangs möchte Schmola auch weiterhin die Werbetrommel gerührt sehen. Dafür nannte er Beispiele wie weiterführende Schulen, über die man die Visionen weitertragen könne. Auch über die Politik könne man „Ideen weiterspielen und Brücken bauen.“ Am Ende sollen sich dann auf diesen Studiengang 154 Plätze auf dreieinhalb Jahre verteilen. Und er versprühte finalen und unüberhörbaren Optimismus: „Das wird gut, denn wir werden unterstützt von Leuten, die mit dem Herzen dabei sind.“
In der Runde mit den beiden Professoren saßen auch acht Mitglieder der Kreistagsfraktion der SPD, die im Anschluss an die Vorträge Fragen an Stefan Gast und Gerald Schmola stellten. Ralf Pohl wollte zum Beispiel wissen, wie man sich „Wissen on Demand“ vorstellen müsse. Gast: „Das ist ein neues Konzept und eine neue Erfahrung. Es wird keine Vorlesungen im herkömmlichen Sinn geben, aber manche Inhalte werden wir schon im Seminarraum vermitteln. Wir wollen, dass sich alle mit dem Projekt identifizieren, denn nur so kann das Produkt auch wachen. Peter Grüdl stellte die Frage nach einem Ansprechpartner vor Ort, bei dem die Fäden zusammenlaufen. Gast: „Der Dienstort für die Professoren wird Kronach sein, denn wir wollen ja keine leere Hülle schaffen. Aus diesem Grund werden hier über zehn Personen auch in ihren Büros erreichbar sein.“ Oliver Skall fragte danach, wie viele Studierende denn man pro Studiengang zulassen könne. Gast: „Sie zu begrenzen wäre ein Luxusproblem, das wir derzeit noch nicht haben. Wir bieten einen halbjährlichen Start und haben erst einmal die Marketingmaschine angeschmissen. Wir kriegen den Studiengang gewuppt.“
Ralf Völkl wollte wissen, ob es schon eventuell Kontakte zur Firma Loewe gäbe und ob weitergehende Planungen für den Ausbau des Standortes Kronach bestünden. Gast: „Wir haben zuerst die Unternehmen kontaktiert, die direkten Bezug haben über das IZK, im nächsten Schritt werden wir uns breiter austauschen. Außerdem sollen Bachelorstudiengänge folgen als weiterer Ausbau des Studienstandorts Kronach.“ Sabine Gross fragte nach, ob denn die Professoren und auch die Studenten in Kronach wohnen werden. Gast: Wahrscheinlich schon, denn dafür sprechen unter anderem die geringen Lebenshaltungskosten.“ Timo Ehrhardt wollte wissen, wie denn die Kreis-SPD helfen könne beim Ausbau des Standortes. Gast: „Wir brauchen auf jeden Fall leistungsfähiges W-Lan und eine gute Ausstattung.“ Heinz Köhler interessierte das Verhältnis von Theorie und Praxis in den Studiengängen. Gast: „Es wird sechs Theoriesemester geben und wir werden praxisortientert im Labor arbeiten. Es ist ein Ansatz der Verknüpfung von Theorie und Praxis.“ Anschließend schaltete sich Dietmar Schmidt ein, der geklärt haben wollte, ob der Studiengang ausschließlich in Kronach stattfinde, oder ob es Pendlerbewegungen gäbe. Gast: „Nein, der Studiengang findet nur in Kronach statt.“
In der Fragerunde mit Gerald Schmola interessierte sich Ralf Pohl unter anderem für das Lehrkonzept und nach gemeinsamen Strukturen der beiden Hochschulen. Schmola: „Wo es geht, werden wir gemeinsame Räume nutzen, denn das macht Sinn. Wir könnten uns zum Beispiel eine gemeinsame Bibliothek vorstellen.“ Pohl fragte weiter, mit welchen Firmen in der Region denn eine Zusammenarbeit mit der Hochschule Hof denkbar wäre. Schmola: „Mit Krankenhäusern, Krankenkassen und Wohnungsgesellschaften. Außerdem könnten sich auch andere Berufsfelder entwickeln.“
Am Ende der Videokonferenz fasste Timo Ehrhardt die Erkenntnisse des Abends noch einmal zusammen: „Der Landkreis ist mit dem LCC auf dem richtigen Weg. Es muss immer Leute geben, die voraus gehen.“
von Maria Löffler